Der Trapeziusmuskel ist schnell verspannt und verkürzt. Das hat verschiedene Gründe. Das kann man verstehen, wenn man den Muskel „liest“.
Hinweis zu meinen Artikeln:
Meine Artikel für Dich sind keine schnellen und oberflächlichen Nachrichten. Statt eines kurzen Tweets oder eines kurzen Statusupdate erhälst Du bei mir einen ganzen Artikel mit viel Detailinformationen. Zudem gibt es bei gesundheitlichen Problemen selten eine einfache und schnelle Lösung. Der menschliche Organismus ist hochkomplex und da ist schon die Reduktion in einzelne Artikel schwierig.
Wie auch in meinen Artikeln so ist auch meine Therapie. Ich nehme mir Zeit für die Befundung, die Therapie, die Übungen, die Alltags- und Gebrauchsbewegungen und selbstverständlich auch die methodische und didaktische Vermittlung. Meine PatientInnen schätzen genau das: Sehr genau und ganz exakt, dabei sanft und immer herzlich, ganz nach meinem Motto in der Therapie: „Fühle Dein Wesen in Bewegung und erlebe Dein Sein in der Therapie“.
Inhaltsverzeichnis
Alles wesentliche über den Muskel hier auf meinem Video oder ausführlich im ganzen Artikel:
Im Gegensatz zu klassischen bauchigen einköpfigen Muskel ist der M. Trapezius flach und weit aufgefächert. Der unter dem Muskel liegende Schulterblattanheber (M. Levator scapulae) ist so ein Muskel von Punkt zu Punkt mit einem lang gezogenen Muskel-„Bauch“. Der M. Trapezius ist das komplette Gegenteil. Er ist flach und fächert sich im Ursprung sehr weit auf.
Er hat eine Ursprungslinie vom Hinterhaupt, dem Hinterhauptband im Halswirbelsbereich und den Dornfortsätzen der Wirbel im Brustwirbelbereich.
Sein breit aufgefächerter Ursprung läuft zusammen auf den kleineren Ansatz. Die Fasern gehen an das äußere Schlüsselbein, das Schulterdach und die Schulterblattgräte.
Dies ergibt die Form eines Trapez. Und diese Form gibt ihm seinen Namen. In deutschen Sprachraum heißt der Muskel Kapuzenmuskel. Die Fläche einer Kapuze (nicht aufgesetzt) gleicht der Muskelfläche.
Kapuzenpulli früher und heute
Der Begriff Kapuze stammt von dem italienischen „cappuccio“. Die Kappe war im Mittelalter weit verbreitet. Deutsch hieß sie Kugel und wurde erstmals der Limburger Chronik ihm Jahre 1351 erwähnt.
In den 1930er Jahren hat der Bekleidungshersteller Champion für Arbeiter die Form wieder aufgenommen. Sie wurde für die Arbeiter in den Tiefkühllagern von New York konzipiert. Dieser Kapuzenpulli wurde später als Sport- und Freizeitkleidung populär.
Es ist in der Regel ein Sweatshirt mit einer tunnelartige Bauchtasche, auch Kängurutasche. Die Kapuze kann mit Schnüren verengt werden.
Im englischen heisst er „Hoodie“ oder „Full Zip Hooded Sweatshirt“ und das kommt natürlich von Robin Hood. Andere Namen sind: Schlumpf, Kapu
Kapuzi, Zipper (mit Reißverschluss)
Du kannst den Muskel gut spüren. Der ausfliegende Teil hat dickere Faserbündel. Dort spüren wir ihn besonders bei der Dehnung. Seinen Ursprung am Kopf kann schmerzhaft sein. Verspannungen in diesem Bereich können Auslöser für Kopfschmerzen sein.
Neben seiner überwiegend flachen Bauform ist ein zweiter Faktor markant: Der Muskel überbrückt viele Gelenke.
Der obere Anteil ist tonisch. Tonische Muskeln leisten insbesondere Haltearbeit und neigen zur Verkürzung. Die Limitierung ist die Durchblutung. Die anderen Anteile sind phasisch. Phasische Muskeln leisten vorwiegend Bewegungsarbeit und neigen zur Abschwächung.
Wie kommt es zur Verspannung und Verkürzung?
Diese Balancierung mit den entsprechenden Fasertypen ist bei normalen (physiologischen) Bewegungen im Alltag unproblematisch. Bei einseitiger (pathologischer) Belastung und speziell im Sitzen kann das fatale Folgen haben. Hier hält der Muskel mit den oberen Anteilen bei Vorhaltung fall verhindernd den Kopf und ist an der anderen Seite angespannt durch Armvorhaltung oder Abspreizen im Schultergelenk.
Regulär ist der Schultergürtel parkiert. Er ruht also auf dem Thorax. Die Arme hängen herunter. Der Ellenbogen ist am Rumpf angelegt. Schon 30 % Abspreizen im Schultergelenk führt zu einer deutlichen Tonuszunahme im M. Trapezius. Dies ist leicht durch einen Test zu spüren.
Die meisten Arbeitsplätze sind nicht ergonomisch ausgerichtet. Meistens blockieren viele Akten den Schreibtisch und die Tastatur liegt weit entfernt, wie auch die Maus. Bei Laptops fehlt es häufig an einer zweiten körpernahen Tastatur.
In Folge einer solchen Arbeit schwächen die mittleren und unteren Muskelanteile sich ab. Der obere Anteil verspannt und verkürzt. Ab 30 % Muskelspannung sinkt die Versorgung und Entsorgung. Der Stoffwechsel des Muskels wird dann massiv behindert bis blockiert. Das Schulterblatt steht höher und kann nicht mehr rotieren und nach unten gleiten.
Eine portugiesische Studie hat dies genauer untersucht1. Es gab signifikante Unterschiede in der Variation des EMG-Signals zwischen den beiden Positionen für den nicht-dominanten Arm. Die Tonuserhöhung trat nicht erst nach Stunden auf, bereits nach 10 Minuten Tippen wurde sie festgestellt und wurde zuerst in der nicht-dominante Seite verzeichnet. Aufgestützte Unterarme reduzierten die elektrische Aktivität in beiden M. Trapezius (oberer Anteil), wobei der Unterschied im nicht-dominanten Seite größer war.
Die Verspannung und Verkürzung hat Folgen
Muskelschmerzen / Myalgie
In Folge von der Überbeanspruchung und Verspannung, aber auch durch Verletzungen, Traumata, bestimmte Medikamente und Krankheiten kann eine Myalgie ausgelöst werden. Die Myalgie beschreibt Muskelschmerzen und -schmerzen. Diese können Bänder, Sehnen und Faszien betreffen. Es kann aber auch das weiche Gewebe, das Muskeln, Knochen und Organe verbindet, mit betroffen sein.
In Folge der Tonusveränderung sowie Position des Schulterblattes verändert sich auch der Tonus im M. Scaleni als auch der M. Levator scapulae ihren Tonus. Beide Muskeln können dann unangenehm bis hoch schmerzhaft reagieren.
Nacken & Hinterhaupt
Die hohe Spannung stört die Bewegungsfreiheit des Hinterhauptes. Dies stört die Strukturen, welche sich dahinter befinden. Dazu gehört das Kleinhirn und der vierte Ventrikel. Für das Gleichgewicht, das Stressempfinden und das Wohlbefinden ist das sehr ungünstig.
Es kommt in Folge zu einer Wechselwirkung mit dem Grundtonus des Muskels, der Atmung, des Kreislaufs und anderen basalen Einstellungen des Körpers.
Gleichgewicht
Die Spannungen am Hinterhaupt und ihre Wirkung auf die Hirnbasis beeinträchtigen das Gleichgewicht. Aber auch der „Feineinsteller“ Halswirbelsäule für das Gleichgewicht kann nicht seiner Funktion nachkommen.
Schultergelenk
Die Verspannungen und Verkürzungen sind für das Schultergelenk ein großes Problem. Bei allen Schulterbewegungen ist eine Mitbewegung im Schultergürtel erforderlich. Ist die gestört, kommt es zu einer Fehl- und Überbelastung des Schultergelenks kommen.
Psychologisch & Emotional
Verspannungen im M. Trapezius führen zu klassischen Empfindungen und deren Ausdrücken: Eine Last auf seinen Schulter spüren, Die Last des Lebens spüren, Tonnen auf seiner Schulter haben,… Diese Gefühle belasten seelisch und emotional.
Wechselwirkungen der Folgen
Alle Folgen für Strukturen und Empfindungen wirken selbst wieder ungünstig auf die Verspannung und Verkürzung des M. Trapezius.
Maßnahmen für Entspannung und Verlängerung des M. Trapezius
- Tonusregulation
- Räkeln, Recken und Strecken
- Entspannung
- Stress abbauen
- Atemübungen insb. für die Zwerchfellatmung
- Dehnung für mehr Strukturlänge
- Muskelaufbau insbesondere der Stützmuskulatur mit M. Trapezius aufsteigender Anteil (Pars ascendens): Hier findest Du die Übung
- Alltags und Gebrauchsbewegungen besonders die Einordnung der Körperlängsachse: Hier findest Du die Übung
- Übungen für die tiefe Haltemuskulatur an der Wirbelsäule.
Therapie bei Verspannungen und Verkürzungen des M. Trapezius
Eine Therapie ist grundsätzlich immer individuell. Eine exakte und ausführliche Befunderhebung ermittelt die individuellen Parameter. Auf Basis des persönlichen Befundes werden exakte Ziele formuliert.
Die einzelnen therapeutischen Maßnahmen enthalten häufig folgende Übungen:
- tiefe Querfriktion für den M. Trapezius
- manuelle Mobilisation des Schulterblattes
- Entlastungsgriffe für den Nacken
- Feinstmobilisation der Halswirbelsäule und der Kopfgelenke (Dens-Atlas-Occipital)
- C4 Still point Technik für den vierten Ventrikel2
- Zervikale Traktion3
Das Einrenken der Halswirbelsäule ist zu unterlassen. Die primären und sekundären Gefahren sind zu hoch. Zudem gibt es keinen Nachweis über eine Wirkung.
- Detaillierte Analyse der Alltags- und Gebrauchsbewegungen
- Anleitung für Übungen und/oder Training. Das Übungsprogramm greift primär entlastend in den Alltag.
Von der primären Befundaufnahme bis zu den Eigenübungen ist auf ein pädagogisch/psychologisch, methodisches, didaktisches und somit zielführende Begleitung durch die Therapie zu achten.
- Rui José Santiago, João Santos Baptista, André Magalhães, José Torres Costa.Total forearm support during a typing task may reduce the risk of Trapezius‘ Myalgia development. International Journal of Industrial Ergonomics Volume 95, May 2023, 103449 ↩︎
- Żurowska A, Malak R, Kołcz-Trzęsicka A, Samborski W, Paprocka-Borowicz M. Compression of the Fourth Ventricle Using a Craniosacral Osteopathic Technique: A Systematic Review of the Clinical Evidence. Evid Based Complement Alternat Med. 2017;2017:2974962. doi: 10.1155/2017/2974962. Epub 2017 Oct 18. PMID: 29234380; PMCID: PMC5664229. ↩︎
- Sung-Yong Choi, Jung-Hyun Choi. The effects of cervical traction, cranial rhythmic impulse, and Mckenzie exercise on headache and cervical muscle stiffness in episodic tension-type headache patients. Journal of Physical Therapy Science 28.3.2016 p. 837-843 ↩︎
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