REINER SCHWOPE

Interkostalneuralgie: Wenn ein Schmerz um die Brust zieht

Ein Mann fasst sich an die Rippen, wo er durch eine Interkostalneuralgie Schmerzen hat.

Manchmal ist es nur ein Jucken oder Kribbeln im Rippenverlauf der auf eine Interkostalneuralgie hindeutet. Aber die Beschwerden können auch sehr viel stärker sein. Häufig sind es deutliche Schmerzen. Diese können sehr unterschiedlich sein: ziehend, stechend, brennend oder schneidend. Manchmal sind sie kontinuierlich, aber sie können auch anfallsartig auftreten oder atemhängig, beim Husten oder Pressen.

Da alle inneren Organe auf der Hautoberfläche Symptome verursachen können, kommen als Ursache von Schmerzen im Rippenbereich auch Magenschmerzen kommen und auch Atembehinderungen.

Hinweis zu meinen Artikeln:

Meine Artikel für Dich sind keine schnellen und oberflächlichen Nachrichten. Statt eines kurzen Tweets oder eines kurzen Statusupdate erhälst Du bei mir einen ganzen Artikel mit viel Detailinformationen. Zudem gibt es bei gesundheitlichen Problemen selten eine einfache und schnelle Lösung. Der menschliche Organismus ist hochkomplex und da ist schon die Reduktion in einzelne Artikel schwierig.
Wie auch in meinen Artikeln so ist auch meine Therapie. Ich nehme mir Zeit für die Befundung, die Therapie, die Übungen, die Alltags- und Gebrauchsbewegungen und selbstverständlich auch die methodische und didaktische Vermittlung. Meine PatientInnen schätzen genau das: Sehr genau und ganz exakt, dabei sanft und immer herzlich, ganz nach meinem Motto in der Therapie: „Fühle Dein Wesen in Bewegung und erlebe Dein Sein in der Therapie“.

Die Beschwerden treten im Verlauf einer Rippe, meistens einseitig, auf. Die Ursache ist aber selbst keine Rippenstörung. Betroffen ist der Nerv zwischen den Rippen. Dieser verläuft direkt unterhalb der Rippe am Knochen entlang. Deshalb heißt die Störung auch Zwischenrippennervenschmerz oder kürzer und heute meistens genutzt Interkostalneuralgie, es bedeutet aber das gleiche.

Die zwei Schreibweisen der Interkostalneuralgie und der Unterschied zu einer Interkostalneuropathie

Ursprünglich schreibt man medizinisch korrekt abgeleitet Intercostalneuralgie. Doch im deutschen wird c wie zeh gesprochen. Also hat man kurzerhand für das c ein k genommen und so heißt es deutsch Interkostalneuralgie.

Die Interkostalneuralgie bezeichnet Schmerzen im Verlauf eines Nerven. Solche Nervenschmerzen sind typisch und treten zum Beispiel bei der Gürtelrose (Herpes zoster) auf.

Eine Neuropathie bezeichnet Schmerzen im Versorgungsgebiet eines Nervs. Dabei wird der Schmerz vom Nerven selbst oder vom Gehirn verursacht. Es muss also keine Schädigung des Nerven vorliegen.

Ob Neutopathie oder Neuralgie: In beiden Fällen wird der Schmerz im Gehirn verarbeitet. Dies zu verstehen ist für die moderne Therapie unerlässlich!

Zum besseren Verständnis der Interkostalneuralgie folgt ein kurzer Blick in den Aufbau unseres Nervensystem und seiner Funktion:

Das Nervensystem der Säugetiere, zu denen ja auch der Mensch gehört, ist im Prinzip erstmal sehr einfach aufgebaut: Das zentrale Nervensystem mit Gehirn und Rückenmark sowie in die Peripherie gehenden Nervenfasern. Der Übergang von Rückenmark zum Gehirn ist dabei ohne scharfe Grenze. Über den Hirnstamm ist das Gehirn mit dem Rückenmark verbunden. Das Rückenmark geht nach unten in das verlängerte Mark (Medulla oblongata, nur noch Nervenfasern und keine Nervenzellen) über.

Das Gehirn liegt gut geschützt im Schädel und das Rückenmark im Wirbelkanal. Umhüllt ist beides von Häuten (Meningen) und befindet sich in Flüssigkeit (Liquor).

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Die zerebrale Flüssigkeit ist durch die Blut-Hirn-Schranke vor dem übertitt von Stoffen besonders geschützt, was den Übertritt bestimmter Medikamente hemmt.

Das Rückenmark selbst ist eine lange, röhrenförmige Struktur aus Nervenzellen.

Die ungleiche Längenentwicklung von Rückenmark und Wirbelkanal

Bis zum zweiten Entwicklungsmonat des Fötus wird der Wirbelkanal durch das Rückenmark auf voller Länge ausgefüllt. So verlassen die Nervenwurzeln das Rückenmark durch die Wirbellöcher auf gleicher Höhe. In der weiteren Entwicklung wächst die Wirbelsäule schneller als das Rückenmark. Das Wachtstum des Rückenmarks richtet sich nach der Anzahl der Nervenzellen wohingegen die Wirbelsäule dem funktionellen Wachtstum unterliegt. Bei einem Erwachsenen endet das Mark etwa beim ersten oder zweiten lumbalen Wirbel.

Paarig aus dem Rückenmark enspringen pro Wirbelsegment Nerven. Diese Nerven heißen Spinalnerven wobei das lat. Wort Spina für das Rückenmark steht.

Dies sind die wesentlichen Anteile zentralen Nervensystems (mit Ausnahme des Kopfes). Die austretenden Spinalnerven steuern die Rumpfwand und Extremitäten (somatisch) sowie die Eingeweide von Brust-, Bauch- und Beckenhöhle (viszeral). Diese funktionelle Versorgung der Organe, der Körperteile oder der Gewebe mit Nervengewebe nennt sich Innervation.

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Das Rückenmarkssegment in Detail und noch etwas zur Entwicklung der peripheren Nerven

Der hintere Strang sammelt sensorische Reize aus den Nerven, die in die Hinterwurzel aus dem Segment gehen. Der vordere sendet aus der Vorderwurzel motorische Reize in das Segment1.

Rückenmarkssegment

Hinten

Rückenmarkssegment

Vorne

1. Vorderhorn (Cornu anterius)
2. Hinterhorn (Cornu posterius)
3. Commisura grisea
4. Strukturen der weißen Substanz
5. Vorderstrang (Funiculus anterior)
6. Seitenstrang (Funiculus lateralis)
7. Hinterstrang (Funiculus posterior)
8. Commisura alba anterior-Fissura mediana anterior
9. Sulcus medianus posterior
andere Strukturen
10. Canalis centralis
11. Radix anterior (Vorderwurzel)
12. Radix posterior (Hinterwurzel)
13. Ganglion sensorium nervi spinalis

Die segmentale Zuordnung war bei den ersten Wirbeltieren noch sehr exakt. Jede „Scheibe“ hat seinen eigenen Nerven. Im Laufe der Entwicklung hat sich eine angepasste Zurodnung entwickelt, ganz nach den funktionellen Bedürnissen. Weiter unten zeige ich das Oberflächenschema im Vergleich zu dem Verlauf des Zwischenrippennervens.

Grundsätzlich entspringen zwischen zwei Wirbeln jeweils ein Paar Spinalnerven aus dem Wirbelkanal. Wir besitzen so insgesamt 31 paarige Spinalnerven (also meistens). Im Bereich des Brustkorbs gibt es rechts und links jeweils 11 Zwischenrippennerven. Jedes Wirbelsegment bildet mit den Rippen eine „Scheibe“ der Versorgung, die von hinten oben nach vorne unten verläuft. Die Zwischenrippennerven verlaufen gut geschützt mit den Blutgefäßen direkt unter der Rippe. Sie sind so gut geschützt, daß sie sogar ohne eigene Umhüllung (Faszie) auskommen.

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Eine funktionelle Ausnahme macht der erste Interkostalnerv. Er steht in Verbindung mit dem Halsnervengeflecht (Plexus brachialis). Aus diesem entspringen alle Nerven des Armes. Die restlichen Interkostalnerven entspringen ausschließlich segmental ohne eine Beteiligung an einem Nervengeflecht.

Versorgungsentwicklung der Extremitäten

Besonders für die Extremitäten musste die segmentale Versorgung komplex aufgeschaltet werden. Ursprüngliche Fasern für die Oberflächenversorgung wurden dafür genutzt. Zwischen dem Rückenmark und der Peripherie entstanden so das Hals-, Lenden- und Beckennervengeflecht. Erst von diesen Geflechten (bis auf einige kurze Direktverbindungen) ziehen die peripheren Nerven in die Arme und Beine.

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Diese motorische Funktion der Interkostalnerven steuert die Muskeln zwischen den Rippen (Interkostalmuskeln) und die Muskeln der vorderen und seitlichen (anterolateralen) Bauchwand.

Die sensiblen Nervenfasern der Interkostalnerven nehmen Eindrücke auf und leiten diese weiter zum Rückenmark und von da in das Gehirn. Diese sensorische Funktion vermittelt die Wahrnehmung von

  • Haut
    • Brust
    • Bauch
  • Rippen (Costae)
  • Brustfell (Pleura)
  • Bauchfell (Peritoneum)

Die Nerven steuern auch die Schweißdrüsen und Blutgefäße der Brust- und Bauchwand. Diese autonomen Innervation ist eigenständig und unterliegt keiner bewußten Steuerung. Die sympathische Innervation des autonomen Nervensystems entspringt aus dem Rückenmark, wogegen die parasymthatische über einen Hirnnerven (außer Becken) erfolgt.

Bauch- und Brustfell

Die Pleura ist das Brustfell im Brustkorb. Sie besteht aus zwei Häuten. Die innere Haut ist das Lungenfell. Sie überzieht die Lunge. Die äußere Haut ist das Rippenfell. Sie kleidet den Brustkorb aus. Beide Häute können sich zueinander bewegen und heften durch Klebekräfte (Adhäsion) zusammen. So kann die Bewegung vom Zwerchfell und Brustkorb zu Erweiterung der Lunge führen, ohne dass diese eine Verzerrung erfährt.

Das Peritoneum ist das Bauchfell im Bauchraum. Es kleidet den Bauchraum aus. Es ist eine seröse Membran, die die Wände der Bauchhöhle auskleidet und auf Bauch- und Beckenorganen liegt. Zwischen seinen beiden Schichten – parietal und viszeral – befindet sich die Bauchhöhle. Das Peritoneum hat die Funktion, die Bauch- und Beckenorgane zu stützen und zu schützen.

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Unterhalb der zwölften Rippen liegt der Nerv Subcostalis. Er ist größer als die anderen. Bei Oberbauchschmerzen ist es deshalb wichtig abzuklären, ob eine Interkostalneuralgie vorliegt2. Diese weiter unten liegenden Versorgungen werden im medizinischen Bereich häufig „vergessen“.

Versorgungsgebiet N. Subcostalis

Der Nervus Subcostales verläuft am unteren Rand der zwölften Rippe. Diesen Bogen nennt man auch Lumbokostalbogen. Er versorgt den Raum unter der Rippe weiträumig. Dieser Subkostalraum reicht bis fast in die Leiste hinein, das kann man gut auf der Abbildung sehen. Ein seitlicher Hautast geht sogar zur Haut über der Hüfte. So versorgt er dort liegende Muskeln wie den quadratischen Lendenmuskel (M. Quadratus lumborum) sowie wichtige Bauchmuskeln (zusammen mit dem siebten bis elften Interkostalnerv). Es sind der quere Bauchmuskel (M. Transversus) und der innere schräge Bauchmuskel (Musculus obliquus internus abdominis). Und noch ein kleiner Muskel für die Längsspannung der weißen Bauchfaszie wird von diesem Nerv gesteuert. Es ist der M. Pyramidalis. Zudem gibt es hier noch Verbindungen zu weiteren wichtigen vorderen Beckennerven. Diese kommen schon aus dem Nervengeflecht der Lende (Plexus lumbalis). Es ist der erste Nerv (Nervus iliohypogastricus aus lumbal 1 und thorakal 12) der Lende (Plexus lumbalis) und der Leistennerv (Nervus ilioinguinalis aus dem plexus lumbalis).

Die Nerven selber sind eher Faserbündel ohne umschließende Faszienhülle, wie bereits beschrieben. Die Bündel liegen in einem dreieckigen Raum, der durch die Rippe, die hintere Interkostalmembran und den Intercostalis-Intima-Muskel begrenzt wird.

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Beispiel: Schmerzen im Rippenverlauf bei der Interkostalneuralgie

Die Interkostalneuralgie treten die Beschwerden im Verlauf einer Rippe auf. Man hat das Gefühl, der Schmerz ist an der Brustwand auf Höhe der Rippe. Dagegen sind Brust oder Bauchschmerzen aufgrund von Projektionen innerer Organe wie Flecken auf der Oberfläche.

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Headsche Zonen
Headsche Zonen

Die inneren Organe und Eingeweide (viscera) senden Empfindungen über Nerven an das Großhirn. Es sind die gleichen Spinalnerven wie für die Haut. Das Großhirn kann den Reizort aber nicht unterscheiden. Sonst wäre das Gehirn wahrscheinlich dreimal so groß? Also fühlt sich zum Beispiel eine Oberbauchperitonitis wie Schulterschmerzen an.

Diese Verbindung zwischen dem somatischen und dem vegetativen Nervensystem hat der englische Neurologe Sir Henry Head (1861-1940) herausgefunden. Dementsprechend heißen sie auch „Head“-Zonen. Der neuseeländische Physiotherapeut Robin McKenzie (1931-2013) ergänzte diese um die Übertragung in entsprechende Muskeln.

Bei Frauen (sehr selten bei Männern) muss auch ausgeschlossen sein, dass eine Mastodynie vorliegt.

Mastodynie

Die Mastodynie ist die Schmerzhaftigkeit der (weiblichen) Brust. Sie ist ein häufig auftretendes gynäkologisches Symptom. Sie tritt in der Regel zyklusabhängig auf. Meist ist sie prämenstruell. Dabei führt die östrogenbedingte Wassereinlagerung zu einem Spannungs- und Schweregefühl in den Brüsten. Es kann aber auch bei einer Mastopathie (Veränderungen im Gewebe der Brust) auftreten.

Symptome: Von leicht bis sehr schwer

Meist liegt ein ziehender, anhaltender Schmerz vor. Der zieht wie ein Gürtel diagonal von hinten oben nach vorne unten. Die Höhe entspricht immer einer Rippe. Husten, Pressen, Lagewechsel und Druck auf die Rippe verstärken den Schmerz. Der Schmerz kann leicht sein oder aber auch scharf wie ein Messer. Ebenfalls möglich sind Missempfindungen oder Gefühlsstörungen.

Bei starken Anfällen kann es zu Atembeschwerden, Schweißausbrüchen, Schwindel, Panikattacken bis hin zur Todesangst kommen.

Längerfristig kommt es oft zu einer Schonhaltung. Eine Behinderung der Atemmechanik und eine Einschränkung der Lebensqualität ist zu beobachten.

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1. Bei einer Rippenblockade

Der Nerv kann bereits an der Wirbelsäule komprimiert werden. Häufiger liegt eine Rippenblockierung vor. Das nennt man kurz auch Rippenblockade. Bei der Rippenblockade wird der Nerv unter Druck gesetzt, weil eine Rippe mit ihren Gelenken zur Wirbelsäule blockiert ist.

Die Rippenblockade ist genau genommen eine Gelenkdysfunktion mit neuronalen, geweblichen und muskulären Veränderungen. Die miteinander verwobenen Prozesse sind hochkomplex. Zwei Komponenten sind dabei besonders zu verstehen:

  • Eine Gelenksfunktionsstörung wirkt auf Rückenmarksebene und zentral im Gehirn und führt unter anderem zu einer Muskelfunktionsstörung.
  • Lokal gibt es entzündliche gewebliche Veränderungen.

Bei Wegfall der peripheren, geweblichebn Ursache einer Funktionsstörung kann die Speicherung der Information im Rückenmarks und/oder Gehirn weiter bestehen. Eine Rolle spielen zum Beispiel Proteinmoleküle, welche an den Nerven sowohl nach zentral als auch nach peripher wandern können. Dies führt zu einer „gespiegelte“ Entzündung in den entsprechenden Projektionenbereichen im Gehirn.

Stützzellen, Immunsystem und Nervensystem arbeiten zusammen

Gliazellen sind das Stützgerüst für die Nervenzellen. Sie sorgen für die elektrische Isolation. Und die sind für die schnelle Weiterleitung von elektrischen Impulsen unabdingbar. Seit den 2010 Jahren kam eine weitere Erkenntnis hinzu. Die Gliazellen, die Nervenzellen und die Immunzellen arbeiten zusammen. Wichtig ist das zum Beispiel für ein besseres Verständnis des Überganges von akuten zu chronischen Schmerzen.

Als Reaktion auf eine Verletzung werden Immunzellen aktiviert. Sie liegen im Gewebe oder werden mit dem Blut geliefert. Die Immunzellen bekämpfen nicht nur Krankheitserreger. Sie initiieren auch die Sensibilisierung der peripheren Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren). Sie stellen Entzündungsmediatoren her und setzen diese frei. Es kommt zur Interaktion mit Nervenbotenstoffen (Neurotransmittern) und entsprechenenden Rezeptoren. So bilden die Immunzellen, Glianetzwerk und die Nervenzellen (Neuronen) ein integriertes Netzwerk, das die Immunreaktionen koordiniert und die Erregbarkeit der Schmerzbahnen moduliert3.

Eine „Gelenkblockade“ ist eine hochkomplexe funktionelle Dysfunktion. In der Regel reagieren die Weichteile aufgrund einer Gelenkfehlfunktion, seltener ist die Gelenkmechanik selbst betroffen.

Eine entsprechende Untersuchung der Rippenblockade sollte immer von gut ausgebildetem Fachpersonal durchgeführt werden.

2. Selten

Sehr selten sind Erkrankungen des Rückenmarkes. Häufiger sind Nervenwurzelirritationen.

3. Nach Operationen

– Am Herzen

Häufige Ursachen sind Operationen. Wobei die früher durchgeführte Brustöffnung bei einer Herzoperation (Thorakotomie4) heute nur in wenigen Fällen eine Rolle spielt. Zum einen wird mittlerweile häufig microinvasiv operiert als auch wesentlich besser medikamentös vorgesorgt. Trotzdem leiden rund 50 % der klassisch operierten Patienten langfristig. Es liegt an einer „Nervenverstopfung“, der Bildung eines gutartigen Knoten des Nerv (Neurombildung) oder an einer anhaltenden Nervenreizung5. In wenigen Fällen wird bei einer Bypassoperation am Herz die innere Brustwandarterie verpflanzt. Auch dies kann eine Interkostalneuralgie zur Folge haben6

– Wirbelsäule

Andere operative Eingriffe sind zum Beispiel Wirbelsäulenoperationen. Jeder sechste hat danach eine Interkostalneuralgie7. Auch minimalinvasive Operationen bieten keinen letztendlichen Schutz8. Nach Unfällen wird gelegentlich eine Rippe entfernt. Rippenbrüche sind erstaunlicherweise keine häufige Ursache. Aber auch Rippenprellungen können solche Beschwerden hervorrufen.

4. Durch Entzündungen und Viren

Meisten tritt eine Interkostalneuralgie durch eine Gürtelrose auf. Doch auch andere Entzündungen können eine Interkostalneuralgie hervorrufen.

Herpes Zoster

Der Herpes Zoster ist eine Viruserkrankung mit Schmerzen, Hautausschlag und Bläschenbildung im Rippenverlauf. Erreger sind Varizella-Zosta-Viren. Sie gehören zur Gruppe der Herpes Viren. Die Erkrankung tritt meist bei Immunschwäche auf (Stress, AIDS, immunsuppressive Therapie). Der vorhandene Erreger wird durch die Immunschwäche reaktviert. 

5. Durch Unfälle

Nach einem Trauma kann es auch zu einer Intercostalneuralgie kommen. Typisch ist die „Gurtprellung“ beim Auffahrunfall. Heute eher seltener durch den Einsatz der Airbags sowie bessere Gurtposition.

6. Veränderte Haltung und Schwangerschaft

Und auch körperliche Veränderungen können eine Ursache sein, Haltungs- und Bewegungsveränderungen bis hin zur Schwangerschaft910.

7. Sonstige Ursachen

Eine Verhärtung der Muskulatur (Myogelose) oder eine Blutung können auf den Nerv drücken. Erkrankungen der Wirbelsäule, wie zum Beispiel die Osteochondrose, können auch den Nerv irritieren.

Sehr selten sind Nervenreizungen durch Tuberkulose oder einen Tumor. Und noch seltener sind Fälle, wie zum Beispiel ein Lipom (gutartige Fettgeschwulst)11.

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Medizinische Einteilung

Die hochkomplexe aktuelle Version der International Classifikation of Desease erlaubt eine breite Zuordnung. Im Prinzip wird grob unterschieden in Interkostalneuralgie und Interkostalneuropathie und welche Ursache vorliegt. Hier eine Übersicht der Codes:

Medizinische Einteilung nach ICD 11
  • 8C12.0 Interkostalneuropathie
  • ME81.0 Interkostalschmerz
  • XA5HJ3 Nervus intercostalisInterkostalnerv
  • XA7KK5 Arteria intercostalisInterkostalarterie
  • 8E43.Y Sonstige näher bezeichnete SchmerzstörungenInterkostalnerven-Syndrom
  • FB56.2 MyalgieInterkostale Myalgie
  • NB30.5 Verletzung der Interkostalgefäße
    • NB30.50 Lazeration der Interkostalgefäße
    • NB30.5Y Sonstige näher bezeichnete Verletzung der Interkostalgefäße
    • NB30.5Z Verletzung der Interkostalgefäße, nicht näher bezeichnet
  • XA8E34 Interkostaler Lymphknoten
  • XA0WT1 Arteria intercostalis posterior
  • Hintere Interkostalarterie
  • XA1EE3 Untere (3. bis 11.) posteriore Interkostalarterie
  • XA14K0 Sechs vordere Interkostaläste der Arteria thoraica Interna
  • XA99C2 Obere Äste der sechs vorderen Interkostalästeder Arteria thoraica Interna
  • XA0QG6 Untere Äste der Raumanastomosen der sechs anterioren Interkostaläste der Arteria thoraica interna
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Behandlung

Es wird in jedem Fall immer der Ursache spezifisch behandelt. Deshalb muss die Ursache gefunden werden. Dazu können folgende Untersuchungen gemacht werden:

Als Basis ist die palpatorische und manuelle Untersuchung unumgänglich und der Fragebefund. Dazu werden ergänzt:

  • Blutbild
  • Röntgenbild
  • Ultraschalluntersuchung
  • Computertomographie (Röntgenverfahren für Querschnittsbilder)
  • Magnetresonanztomographie/Kernspintomographie (3dimensionale Darstellung)
  • Myelographie (radiologische Kontrastdarstellung der Wirbelsäule und des Spinalkanals)
  • EKG (Elektrokardiogramm)
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Allgemeine Möglichkeiten

Unspezifisch können Schmerzmittel oder Rheumamittel (nichtsteroidale Antirheumatika) verabreicht werden. Sie wirken in der Peripherie, also außerhalb von Gehirn oder Rückenmark. Auch kann man gezielt die Muskeln entspannen. Sind die Schmerzen stärker, kann man das Nervensystem mit starken Schmerzmitteln beruhigen. Unter Umständen können dabei auch Opioide verabreicht werden. Man kann den Nerv auch lokal betäuben, das geht leicht durch die relativ offene Struktur12.Die Gefahr von Komplikationen ist sehr gering13

Eine andere Methode ist der ultraschallgesteuerter Serratus-Anterior-Block. Hier wird der M. Serratus anterior sediert. Es kommt reflektorisch zur Schmerzlinderung. Vor allem nach Traumen eine Möglichkeit der Behandlung14.

Zudem kann man auch das Rückenmark stimulieren. Dies nennt man peridurale Blockade. Zu berücksichtigen ist das hohe therapeutische Risiko. Deshalb empfiehlt sich dann eher die indirekte Blockade im Lendenbereich mit entsprechend höherer Dosierung.

Eine neue Technik hat sich bei einer Rippenfraktur als Fallbeispiel bewährt. Der Patient war sechs Monate schmerzfrei. Es ist die Kryolyse. Dabei wird zuerst lokal betäubt (mehrstufigen linksseitigen Interkostalnervenblockade) und dann mittels Führung unter einem Ultraschallgerät der Interkostalnerv vereist (zwei Zyklen von 2 Minuten Abkühlung auf eine Temperatur von -70 °C (Lachgas) mit 30 Sekunden Auftauen dazwischen)15.

Periadualanästhesie

Die Periduralanästhesie ist die regionale Anästhesie (Betäubung) des Rückenmarks. Der Name kommt vom griechischen περί peri = um ihn herum + ντούρος Duros = hart (für harte Hirnhaut ἀναισθησία anästhisia Anästhesie. Die Abkürzung ist PDA. Wird auch Epiduralanästhesie (EDA) genannt.

Ist der Nerv länger und nicht reversibel betroffen, so kann man den Nerv auch chirurgisch trennen. Als Ersatz für die Muskelsteuerung (Innervation) kann ein Nerv aus dem großen Rückenmuskel (M. Latissimus dorsi) genommen werden16. Dieses Verfahren wird nur in schweren Fällen angewendet.

Es wurden auch nervenzerstörende neurolytische Verfahren ausprobiert. Dabei wurde rückenmarksnah ein Nervengift gespritzt17. Es gibt keine positive Nachweise für den erfolgreichen Einsatz neurochirurgischer Eingriffen an der Nervenwurzel, wobei die Gefahr einer Komplikation sehr groß ist.

Effektiver zeigt sich die elektrische Zerstörung der Nervenwurzel18.

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Lokale Verfahren

  • Eisapplikation (kein Coolpack)19
  • Wärme
  • Ultraschalltherapie
  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (T.E.N.S.)
  • Mobilisation
    • passiv (nur durch einen erfahrenen Praktiker)
      • Chiropraktik/Chiropractic (engl.): Das Wort stammt auf dem altgriechischen χείρ(Chir). Entwickelt wurde die Technik Ende des 19 Jahrhunderts von Daniel David Palmer. Er war ein US-amerikanischer Mediziner. Ursprünglich für die Behandlung von „verrenkten“ Wirbeln ersonnen, wird sie heute am ganzen Körper angewendet. 
      • Manuelle Therapie (MT): Auf Basis einer physiotherapeutischen Ausbildung erhält der Praktiker nach Absolvierung einer umfangreichen Fortbildung das Zertifikat für Manuelle Therapie. Standard ist der „IFOMPT“ (International Federation of Orthopaedic Manipulative Physical Therapists). 
      • Osteopathie/Osteopathy: Das Wort stammt aus dem altgriechischem ὀστέον(Knochen) und πάθος (Leiden). Begründet wurde die Technik in den 1870er Jahren durch den US-amerikanischen Arzt Andrew Still. Er entwickelt manuelle Techniken für Schmerzen, Verdauungsprobleme, Menstruationsbeschwerden und andere Symptome.
      • Regionale oder weniger bekannte Richtungen der passiven Therapie:
        • Cranio-Sacral-Therapie: Das Wort stammt aus dem latainischen Cranium (Kopf) und Sacrum(Kreuzbein) hat ihre Wurzeln in der kraniosakralen Osteopathie (Osteopathy in the Cranial Field) von William Garner Sutherland. Er war US-amerikanischer Arzt und entwickelte die Technik in den 1930er Jahren. Führend in der heutigen Entwicklung der craniosacralen Osteopathie ist das Upledger Institut. Die Behandlung richtet sich an Mikroveränderungen in den Spannungen der Gewebe.
        • Naprapathie/Naprapathy wird hauptsächlich in den skandinavischen Ländern sowie den USA angewendet. Vorreiter ist Schweden. Sie ist fokussiert und behandelt die neuro-skeletomuskuläre Dysfunktionen. 
        • Ortho-Bionomy ist eine vom Kanadier Arthur Lincoln Pauls entwickelte Methode. Sie vereint Elemente der Osteopathie, der Physiotherapie und der traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).
        • Rolfing Methode: Sie fokussiert insb. auf die Faszien sowie die strukturelle Integration.
    • aktiv (unter Anleitung)
      • Atemtechniken
      • Streckübungen
      • Dehnungen (Strukturlängenübungen der Weichteile)
      • Yoga Asanas
  • kurze und intensive Triggerpunktbehandlung20
  • Akupunktur
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Mobilisation

Auch wenn es erstmal so aussieht, dass es konkurrierende Verfahren zur Mobilisation einer Rippenblockade gibt, so ergibt sich in der Praxis ein ganz anderes Bild: Es kommt auf die Fachfrau oder den Fachmann an. Und für die Wahl kann ein Patient auf Erfahrungswerte zurückgreifen oder auf Empfehlungen. In jedem Fall spricht die Therapeutin immer über den Ablauf der Therapie mit dem Patienten. Erst anschließend wird behandelt.

Rippenblockade und Mobilisation nur fachgerecht!

Bei einer Rippenblockade ist die fachgerechte Mobilisation das Mittel der Wahl. Es sollte nur in wirklich fachkundiger Hand durchgeführt werden. Eine Rippenblockade ist nicht gleich Rippenblockade. Es gibt viele gewebespezifischen Veränderungen zu berücksichtigen. Zudem spielen sekundäre Einschränkungen zum Beispiel in der Halswirbelsäule oder im frontalen thorakalen Bereich (Übergang Rippen zum Brustbein) eine Rolle.

Andere Namen

  • Intercostal Neuralgia
  • Neuralgiforme Brustschmerzen
  • Intercostal nerv block
  • Intercostal nerv pain
  • Brustnervenschmerzen
  • Interkostalneuralgie
  • Neuralgie intercostales
  1. Gerhard Roth.Evolution der Nervensysteme und Gehirne.Sprektrum der Wissenschaft 2000 ↩︎
  2. Abdominal intercostal neuralgia: a forgotten cause of abdominal pain (Roumen RM , Scheltinga MR) Nederlands Tijdschrift
    Voor Geneeskunde 01 Sep 2006, 150(35):1909-1915
    ↩︎
  3. Ke Ren and Ronald Dubner. Interactions between the immune and nervous systems in pain. Nat Med. 2010 Nov; 16(11): 1267–1276 ↩︎
  4. Poststernotomy neuralgia: a new pain syndrome(Defalque RJ , Bromley JJ) Br J Anaest 01 Jul 1989, 69(1):81-82 ↩︎
  5. Topira materelieves refractory intercostal neuralgia (Zahid H. Bajwa, NaveedSami, Carol A. Warfield, Joshua Wootton) First published June 1,1999 ↩︎
  6. Intercostal neuralgia associated with internal mammary artery grafting (I. D. CONACHER J. C. DOIG L. RIVAS A. K.PRIDIE) First published: December 1993 ↩︎
  7. The incidence of complications in endoscopic anterior thoracolumbar spinalreconstructive surgery. A prospective multicenter study comprisingthe first 100 consecutive cases (McAfee PC , Regan JR , Zdeblick T, Zuckerman J , Picetti GD 3rd , Heim S , Geis WP , Fedder IL)Spine 01 Jul 1995, 20(14):1624-1632 ↩︎
  8. Complicationsin thoracoscopic spinal surgery (T.-J. HuangR. W.-W. HsuC.-W.SumH.-P. LiuSurgical) Endoscopy April 1999, Volume 13, Issue 4, pp346 ↩︎
  9. Long-termepidural analgesia for pregnancy-induced intercostal neuralgia (SusanSamlaskaTeresa E.Dews and more ScienceDirect Volume 62, Issue 2, August 1995, Pages 245-248 ↩︎
  10. IntercostalNeuralgia of Pregnancy (A. Bernard Pleet, MC; E. Wayne Massey, MC)JAMA. 1980;243(8):770. doi:10.1001/jama.1980.03300340046021 ↩︎
  11. Intercostal Neuralgia Caused bya Parosteal Lipoma of the Rib (Hyun KooKimMD, PhDYoung HoChoiMD,PhDYang HyunChoMDYoung-sangSohnMD, PhDHark JeiKimMD, PhD and more) The Annals of Thoracic Surgery Volume 81, Issue 5, May 2006, Pages 1901-1903 ↩︎
  12. POSTERIOR INTERCOSTAL NERVE BLOCK FOR PAIN RELIEF AFTERCHOLECYSTECTOMY: Anatomical basis and efficacy (J. F. NUNN, PH.D.,M.D., F.F.A.R.C.S. G. SLAVIN, M.B., F.R.C.PATH., F.R.C.P.(GLAS.)BJA: British Journal of Anaesthesia, Volume 52, Issue 3, 1 March1980, Pages 253–260 ↩︎
  13. British Journal of Anaesthesia 01 Feb 1975, 47 suppl:284-86 ↩︎
  14. A Novel Technique: Ultrasound-Guided Serratus Anterior Plane Block for the Treatment of Posttraumatic Intercostal Neuralgia (Sir E1, Eksert S, Ince ME, Simsek F, Ozkan G, Eskin MB) Am J Phys Med Rehabil. 2019 Nov;98(11):e132-e135 ↩︎
  15. „Cryoneurolysis of Intercostal Nerve for Rib Trauma and Intercostal Neuralgia in the ED – A Multidisciplinary Approach“(Mani Hashemi, S.M. Jafar Mahmood, Jorge Fernandez, Jessica Oswald)The journal of emergency medicine June 08, 2022 ↩︎
  16. Neurectomy for treatment of intercostal neuralgia (Williams EH1, Williams CG, Rosson GD, Heitmiller RF, Dellon AL.) Ann Thorac Surg. 2008 May;85(5):1766-70 ↩︎
  17. Epidural phenol in the treatment of postherpetic neuralgia (Neuendorf) J Am Osteopath Assoc. 1986 Jan;86(1):34-6 ↩︎
  18. DREZ (dorsal root entry zone) surgery for the treatment of the postherpetic intercostal neuralgia(Spaić M, Ivanović S, Slavik E, Antić B.)Acta Chir Iugosl. 2004;51(4):53-7 ↩︎
  19. The role of cryoanalgesia for chronic thoracic pain: results of a long-term follow up (Carmen R. Green, A. Michael de Rosayro, and Alan R. Tait) J Natl Med Assoc. 2002 Aug; 94(8): 716–720 ↩︎
  20. Trigger points and acupuncture points for pain: Correlations and implications (RonaldMelzackabDorothy M.StillwellabElisabeth J.Foxab) ScienceDirect Volume 3, Issue 1, February 1977, Pages 3-23 ↩︎

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