Entlaste Deine Wirbelsäule und erhöhe die Ergonomie durch das Einordnen der Körperlängsachse! Die Übung zählt zu den „Basics“. Ob Du im Büro sitzt, oder Du hebst schwere Lasten.
Ergonomie
Der Begründer der modernen Ergonomie war Wojciech Jastrzębowski. Er prägte 1857 den Begriff Ergonomie (Ergonomik). Das stammt von altgriechisch ἔργον/ergon = Arbeit. Mittlerweile ist daraus eine Wissenschaft geworden. Es geht um die Gesetzmäßigkeit der Arbeit und wie Arbeit für den Menschen sinnvoller gestaltet werden kann.
Es gibt zwei Grundziele der Ergonomie. Das primäre ist die Belastung für den menschlichen Organismus zu mindern. Das sekundäre ist es die Arbeit zu optimieren. Am Anfang stand noch die Arbeitssicherheit im Vordergrund (zum Beispiel an der Mensch-Maschine Schnittstelle, Anpassung von Arbeitsgeräten/Werkzeugen). Später schaute man mehr auf die Arbeitsbedingungen (Lärmschutz,…) und auch der Arbeitsablauf rückte mehr in das Blickfeld. In den 80er und späteren Jahren wurden diese durch psychologische Betrachtungen ergänzt. Mittlerweile hat sich aber eine ganzheitliche Sichtweise durchgesetzt. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt.
Und in diesem Artikel zeige ich Dir, wie Du für Dich einen gute Sitzposition findest.
Deine Wirbelsäule
Die Wirbelsäule ist ein flexibler Stab. Du hast sieben Halswirbel, zwölf Brustwirbel und fünf Lendenwirbel. Zwischen den Wirbeln sind Bandscheiben. Sie haben einen flüssigen Kern, welches von Bindegewebe gehalten wird. Die Wirbel haben zudem Verbindungen über kleine Gelenke.
Ist die Wirbelsäule regelmäßig in Bewegung und nicht belastet, hält Deine Wirbelsäule ein Leben lang! Einseitige Haltung und Belastung führen aber schnell zu ernsten Problemen. Vor allem das lange Sitzen am Arbeitsplatz ist von Natur aus schon belastend.
Ernährung für Deine Wirbelsäule
Nur Bewegung ernährt die Strukturen in den Gelenken und Bandscheiben. Sie sind bradytroph. Bradytroph bedeutet mit langsamem Stoffwechsel. Bradytrophe Gewebe werden durch Diffusion aus der sie umgebenden Flüssigkeit versorgt. Sie haben nur wenige oder keine Blutgefäße auf. Nutze Pausen zur Bewegung damit Deine Strukturen gut ernährt werden.
Musst Du lange sitzen, fehlt Deiner Wirbelsäule Bewegung. Bei einseitiger Belastung kommt es zur strukturellen Überlastung.
Folgen einseitiger Belastung
Gewichte müssen gehalten werden. Und das muss Deine Muskulatur machen. Gewichte entstehen, wenn Du ein Körperabschnitt aus der Mitte heraus verlagerst. Zum Beispiel, wenn Dein Kopf nach vorn geneigt ist. Sitzt Du noch dazu und schreibst, dann hängen auch noch Deine Arme an der Achse. Die meisten Muskeln können dies baubedingt nicht lange halten. Ein Beispiel ist der Trapeziusmuskel im Nacken. Spätestens nach einigen Minuten wird der Muskel dann sauer. Durch die hohe Spannung (meistens ab ca. 30%) werden die kleinen Blutgefäße zusammen gedrückt. Die Blutversorgung wird gestoppt. Dann arbeitet der Muskel anaerob (also ohne Sauerstoff). Das Stoffwechselprodukt ist Milchsäure (Lactat). Das schwemmt in den Zwischenzellbereich. Die Übersäuerung spürst Du durch Schmerzen. Zudem ist eine koordinierte und weich abgestimmte Muskelarbeit nicht mehr möglich. Das gröbere Einstellen ist im Nacken dann besonders unangenehm. Wir empfinden uns dumpf und eingeschränkt. Dies wirkt sich wieder auf Dein Befinden aus.
Keine Bewegung + ungünstige Sitzhaltung => Gefahr der Überlastung + Gleichgewichtseinschränkung + Einschränkung des Befindens
Der heutige Berufsalltag zwingt uns häufig zum Sitzen. Doch niemand hat uns das Sitzen gelehrt. Selbst heute noch gibt es kaum Programme für die Schulen oder an den Arbeitsplätzen. Und das Sitzen ist nun mal ein Programm in unserem Gehirn. Ist das Programm nicht geschult, dann fallen wir schnell in eine ungünstige Sitzhaltung.
Sitzhaltung üben
Die erste Regel lautet: Locker bleiben und weiter üben. Bewegungsprogramm benötigen etwa 10.000 Wiederholungen. Das sind umgesetzt in Zeit schon mal drei Jahre üben. Achte auf folgende Punkte:
- Sitzhöhe mindestens Unterschenkellänge, der Winkel der Kniegelenke ist größer 90°.
- Beide Fußsohlen sind auf dem Boden.
- Füße unter oder vor den Kniegelenken.
- Knie kippen nicht nach innen oder außen.
- Die Oberschenkel sind leicht gegrätscht.
- Das Becken muss in einer bestimmten Kippung sein (kein Holkreuz!)
- Die Sitzbeinhöcker sind gleich belastet.
- Das Brustbein ist aufgerichtet.
- Der Nacken ist lang.
- Der Kopf ist hinten.
Sitzen
Die Ergonomie der Sitzhaltung muss trainiert werden. Unser bloßer Wille reicht nicht aus. Der ist nach einer Sekunde aus dem Kopf.
Schau Dir dazu mein Video an und beginne:
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Steigere langsam Deine Wiederholungen. Am Anfang kann man auf einem Hocker sitzend vor einer Wand üben. Nehme die Körperlängsachse ein ohne Kontakt mit der Wand. Dann schiebe Deinen Körper langsam nach hinten an die Wand. Nun überprüfe:
- Berühren der Kopf, die Brustwirbelsäule und das Becken gleichzeitig die Wand?
- Passt mehr als eine Handfläche zwischen die Lendenwirbel und die Wand?
- Passt mehr als ein Finger zwischen die Halswirbel und die Wand?
- Ist das Kinn an die Brust gezogen und der Nacken lang? Oder zeigt die Nase nach vorn? (Hier kannst Du einen Spiegel nutzen)
Bewegung lernen
Dein denkendes Ich ist kein guter Helfer. Es ist schnell mit anderen Dingen beschäftigt. Deshalb nutze alle Hilfen, die Du Dir geben kannst. Das kann schon ein kleiner Zettel am Arbeitsplatz am Monitor sein. Oder ein Programm, was Dich regelmäßig erinnert.
In der zweiten Phase wechsel das Hilfsmittel Wand zum Messen gegen einen Stock (Besenstiel reicht). So kannst Du nun auch üben die Langachse einheitlich nach vorn und hinten zu neigen. Auch eine schöne Übung für die Rumpfmuskulatur, vor allem die Bauchmuskulatur wird so sehr effektiv aktiviert.
Lerne die Körperlängsachse im Raum stabil zu neigen. So kannst Du später die Hebe- und Tragetechniken üben.
Wohlbefinden steigern
Bist Du in der Lage die Körperlängsachse einzuordnen und im Raum nach vorne und hinten zu neigen, dann kommt jetzt der nächste Schritt. Lerne die Körperlängsachse ganz minimal hinter der mittleren Position zu halten. Dabei löst Du Spannung im Rücken und Aktivierst den Bauchmuskel. Das bringt ganz tolle physiologische Effekte mit sich.
- Wir können wieder gut durchatmen.
- Das Herz ist ohne Kompression.
- Die Nackenmuskulatur kann sich entpannen.
- Die Kopfdurchblutung erhöht sich.
Die Liste ist natürlich viel länger. Ein besonderen Effekt möchte ich aber zeigen: Dein Entspannungsvermögen wird größer und Dein Energielevel steigt. Denn Du aktivierst den „Solar plexus“. Das ist das riesige Nervengeflecht im Bauchraum.
Sitzen ist das neue Rauchen
Du wirst das auch schon gehört haben. Es ist nicht so weit hergeholt. Der Urmensch war viel mehr in Bewegung als wir heute. Unser Organismus ist auf Bewegung ausgelegt. Also, runter vom Sofa und raus in die Natur! Wenn Deine Arbeit im Sitzen ist, dann tue alles, um die Folgen für Deinen Körper zu minimieren. Hier ein kleines Programm für Dich🤗
- Sitzhaltung optimieren
- Körperlängsachse einnehmen
- Sitzunterstützungen
- Stuhl
- Tisch
- Ergonomische Maus und Tastatur
- Bildschirm auf Augenhöhe
- …
- Ausgleichsbewegungen und Übungen
- Verschiedene Sitzarten und Wechsel des Arbeitsplatzes
Sitzen in der Schule
Das Gehirn entwickelt sich durch Bewegung. Bewegung ist für unsere Kinder essentiell. Wir dürfen sie ihnen nicht vorenthalten. Dazu kommt ausgiebiges Spielen. Spiel integriert kognitives, soziales und emotionales Verhalten. Und bevor wir in die geistigen Tiefen vordringen, sollten wir erst mal die Natur vor unserer Nase kennen lernen. Und Kinder brauchen vor allem künstlerische und musische Möglichkeiten. Die Schule von heute sollte mehr ein Lern- und Erfahrungsraum sein, als eine „Anstalt“ in der die Lernenden sitzen müssen und vorgegebene Lehrprogramme lernen müssen.
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