REINER SCHWOPE

Schlagwort: Manuelle Therapie

  • Chronische unspezifische Kreuzschmerzen: Ist die Faszie ein Schmerzgenerator?

    Chronische unspezifische Kreuzschmerzen: Ist die Faszie ein Schmerzgenerator?

    Zwischen Brustkorb und Becken streckt sich eine Faszie mit den Namen der Orte, die sie bekleidet. Sie bekleidet den Brustbereich (thorakal) und den Lendenbereich (lumbal) hinten und nennt sich entsprechend thorakolumbale Faszie. Sie verbindet in ihrer Gesamtheit mit der Nackenfaszie (Fascia nuchae) den Kopf mit dem Becken.

    Thorakolumbale-Faszie

    Thorakolumbale-Faszie

    Die Fascia thoracolumbalis erstreckt sich:

    Tiefer Anteil (Lamina profunda oder anterior)

    • Beckenkamm (Crista iliaca)
    • Rippenfortsätze (Querfortsätzen; Processus costales bzw. transversi) der Lendenwirbel
    • Unterste Rippen

    Oberflächlicher Anteil (Lamina superficialis bzw. posterior)

    • Dornfortsätze (Processus spinosi) der Wirbel

    Beide Anteile verbinden sich seitlich und umhüllen so den Rückenstrecker (M. erector spinae).

    • tiefe Struktur
      • Quere Bauchmuskeln (Musculus transversus abdominis)
      • Diagonaler Bauchmuskel (Musculus obliquus internus abdominis)
    • oberflächliche Struktur
      • Musculus latissimus dorsi
      • Musculus serratus posterior inferior
      • Musculus gluteus maximus

    Wunderwelt Faszie

    Wobei der Begriff bekleiden wirklich veraltet ist. Es fällt aber schwer, einen Namen zu finden für all das, was eine Faszie in Wirklichkeit ist. Ich nenne sie strukturgebend (und -nehmend) oder auch Muttergewebe. Auf die Wunderwelt der Faszien möchte ich an anderer Stelle genauer eingehen. Ein wichtiger Fakt ist aber die unglaubliche nervale Anbindung. Sie ist wirklich reich an Nervenfasern und Nervenendigungen mit den entsprechenden Rezeptoren. Deshalb kam auch der Begriff Schmerzgenerator auf.

    Kreuzschmerzen und Faszie

    Chronische unspezifische Kreuzschmerzen verändern die Strukturen und die Biomechanik. Das ist umfassend nachgewiesen und dokumentiert. Welche Rolle spielt nun exakt die Faszie, und kann man mit einer entsprechenden Technik auf diese einwirken? Das war die Frage einer neuen Studie[1]Karine DevantéryORCID, Mélanie MorinORCID, Julien Grimard and Nathaly Gaudreault: Effects of a Myofascial Technique on the Stiffness and Thickness of the Thoracolumbar Fascia and Lumbar Erector … Continue reading: Können myofasziale Techniken auf die Faszie so einwirken, dass:

    • die Steifheit des Gewebes gelöst wird
    • die Schmerzen sich reduzieren

    Myofasziale Techniken sind Teil der manuellen Therapie. Zu ihr gehören zum Beispiel die tiefe Querfriktion nach Cyriax. Die aktuellen Forschungsergebnisse zu den Wirkungen sind relativ mager. Also hat man untersucht, wie eine solche Technik wirkt. In zwei Gruppen wurden in der Einen nur so getan als ob, und in der Zweiten wurde wirklich gearbeitet.

    Messungen

    Die Dicke des Rückenstreckers (M. Erector spinae) und die Dicke der Faszie wurden mit der Scherwellensonoelastographie gemessen. Zudem wurde noch die Schmerzintensität durch eine numerische Skala ermittelt.

    Was ist eine Scherwellensonoelastographie?

    Scherwellen sind seitliche Schallwellen. Schallwellen dringen vom Schallkopf in das Gewebe in eine Richtung. Seitliche Wellen werden durch die Gewebedämpfung erzeugt. Die Geschwindigkeit der Wellen entspricht der Elastizität des Gewebes.

    Ergebnis

    Es wurde sowohl vorher und nachher als auch am zweiten und siebten Tag gemessen und gefragt. Sofort wurde eine deutliche Schmerzlinderung im Vergleich zur vorgetäuschten Therapie angegeben. Über den gesamten Zeitraum verringerte sich die Dicke des Gewebes bei den myofaszialen Techniken.

    Fazit

    Die Behandlung der tiefen Strukturen ist ein maßgebendes Verfahren in der Therapie bei chronischen, unspezifischen Kreuzschmerzen. In meiner Praxis stelle ich zudem fest, dass die Faszie und die Rückenmarkshäute (Dura mater spinalis, Arachnoidea spinalis und Pia mater spinalis) bei Befindungsstörungen stark korrespondieren. Das zielgerichtete Mobilisieren und Lösen in beiden Bereichen zeigt sehr gute Wirkungen. Zudem ist immer ein Blick auf einzelne Wirbelsegmente sinnvoll.

    Die Ergebnisse zeigen aber auch die Wichtigkeit von entsprechenden Übungen an. Mobilisation für die Faszie sind also mehr als nützlich.

    Hinweis: Bitte nutze dafür auf keinen Fall einen „Faszienrolle“, sie reibt nur auf den Knochenkanten und kann gar nicht die Schichten der Faszie mobilisieren.