Übergewicht endlich und nachhaltig abbauen
Ich habe immer wieder Patienten mit Übergewicht in meiner Praxis, die abnehmen wollen. Doch es fällt nicht Jedem leicht. Deshalb hier ein paar Tipps für Dich?
Something is rotten
„Something is rotten in the state of Denmark.“[1]The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark. Shakespeares hätte es nicht besser treffen können. Es kann doch nicht sein, dass in einer aufgeklärten Welt die Menschen massenweise immer fetter werden, oder? OK, es betrifft nicht nur Dänemark… Nach dem Zweiten Weltkrieg war das irgendwie verständlich. Man wollte wieder satt sein. Aber dann gleich so?
Überfluss nach Mangel
Nach Zeiten großen Mangels versucht der Organismus diesen Mangel zu kompensieren. Ein völlig normaler Vorgang. Das führte dann bekanntermaßen zu den „Wirtschaftwunderbäuchen“. Wo hört man auf, wenn man nach dem Hunger endlich wieder den Magen voll bekam. Die rote Ampel haben viele nicht gesehen. Und in den Köpfen war das schlank sein auch noch nicht so fixiert wie heute. Noch im 19. Jahrhundert galten schlanke Menschen als unterernährt. Es gab einfach nicht immer Alles und vor Allem nicht für alle!
Industrienahrungsmittel
Haben oder hatten wir gerade Mangel? Nein, wohl eher nicht. Das Gegenteil stimmt. Oder gibt es doch einen versteckten Mangel? Ich würde sagen: JA! Es gibt einen Mangel mit vielen Menschen an einem Tisch zu sitzen und gemeinsam das Essen zu zelebrieren. Kochen und Essen haben sich in der modernen Welt unglaublich gewandelt. Und nicht nur das: Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die gesamte Lebens- und Infrastruktur geändert. Deshalb sprechen viele auch nicht mehr von Lebensmitteln, sondern von Nahrungsmitteln. Und davon wird immer mehr industriell hergestellt. Schau Dir mal den Essenstisch von früher und von heute an. Lese mal das Kleingedruckte auf den Verpackungen. Da entdeckst Du Ungeahntes! Mittlerweile gibt es eine große Zahl von Apps, mit der Du Produkte überprüfen kannst.
Statistik
Zwischen 1980 und 2002 verdoppelte sich die Fettleibigkeitsprävalenz bei Erwachsenen. Also in 22 Jahren hat sich Krankheitshäufigkeit (lateinisch praevalēre = sehr stark sein) drastisch erhöht. Also nicht nur ein wenig. Doch es kommt noch besser. In der gleichen Zeit hat sich die Zahl bei den sechs bis 19 jährigen verdreifacht[2]Prevalence of Overweight and Obesity in the United States, 1999-2004 (Cynthia L. Ogden, PhD; Margaret D. Carroll, MSPH; Lester R. Curtin, PhD; et al) Jama April 5, 2006. Also soweit mal Zahlen aus den USA. Doch wir hinken der Entwicklung eigentlich nur hinterher? Ganz im Gegenteil: Mit 36 % (Deutschland) liegen wir vor den USA mit 31 %[3]Data extracted on 30 Nov 2019 09:30 UTC (GMT) from OECD.Stat.
Normalgewicht – Übergewicht – Adipositas
Adipositas ist eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Die Berechnungsgrundlage ist der Körpermassenindex. Der heisst konkret Body Mass Index (BMI). Er ist der Quotient aus Gewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m²). Übergewicht BMI ≥ 25 kg/m2 Adipositas BMI ≥ 30 kg/m2
Übergewicht ist ein hohes Körpergewicht und damit verbundene große Körpermasse. Die steht im Verhältnis zur Körpergröße. Es wird unterschieden in Übergewicht (Präadipositas) und schweres Übergewicht/Fettleibigkeit (Adipositas).
Der Einkaufskorb von früher
Wenn meine Großmutter einkaufte, war da nicht viel im Korb. Woher auch? Es musste gespart werden. Auf dem Land mit einer kleinen Schuhmacherei war nicht viel Gewinn zu erzielen. Doch auch bei meiner Großmutter in der Altmark war der Einkaufskorb nicht prall gefüllt. Da wären die monetären Mittel da gewesen. Aber beide Körbe waren nicht übermäßig gefüllt.
Der Supermarkteinkaufskorb entstand spät
Warum auch, das Meiste holten sich unsere Großeltern auf dem Land aus dem eigenen Garten. Und mein Vater selbst, VW-Arbeiter, kaufte noch beim Gemüsehändler, beim Bäcker, beim Fleischer, beim Fischhändler und Freitags in jedem Fall auf dem Wochenmarkt. Spezielles gab es beim Feinkosthändler oder Edeka um die Ecke. Doch da kamen schon die ersten Supermärkte auf. Meist noch keine großen Ketten, aber ein Anfang war gemacht. Ein verheerender Anfang.
Die großen Supermarktketten
Wir haben es gar nicht gemerkt. Wir gewöhnten uns so leicht daran. Der Wandel von Lebensmitteln zu Nahrungsmitteln. Immer mehr Lebensmittel werden industriell erzeugt oder verarbeitet. Schau Dir mal an, was da so alles in den Regalen steht. Und was wir von dem wirklich brauchen. Ich bin auch deshalb so schnell im Supermarkt, weil ich mich auf das Wesentliche beschränke. Hier mal eine kleine Geschichte über so ein typisches unsinniges Produkt:
Eine kleine Geschichte
Nutella, mit dem besten aus 1/3 entrahmter Milch[4]Dies ist seit 2011 nicht mehr auf der Verpackung, ist ein Abfallprodukt. Entstanden, als es riesige Milchpulverberge gab. Diese entstanden als Nebenprodukt bei der Seifenherstellung. Dann machten sich Lebensmitteldesigner daran, daraus etwas zu machen. Und das ist dabei herausgekommen:
- 56,3 % Zucker
- 30,9 % Palmöl
- 13,0 % Haselnüsse
- 8,7 % Magermilchpulver
- fettarmer Kakao
- Emulgator Lecithine (SOJA)
- Vanillin
Nutella Alternative
Du liebst süßes Nussmus? Dann kaufe Dir ein echtes Nussmus und füge dem Honig zu. Das schmiere Dir auf ein leckeres Knäcke oder Vollkornbrot. Oben obendrauf dann noch Quark oder festen Joghurt. Schon hast Du ein leckere und vollwertige Alternative zu Nutella. Ganz nebenbei: Wer möchte denn wirklich Zucker und Palmfett auf dem Brot haben? Und fast jeder weiß: Palmfett ist für den Körper und die Natur nicht gut[5]Sutapa Mukherjee & Analava Mitra (2009) Health Effects of Palm Oil, Journal of Human Ecology, 26:3, 197-203[6]How will oil palm expansion affect biodiversity? (Emily B.Fitzherbert, Matthew J.Struebig, AlexandraMorel, FinnDanielsen, Carsten A.Brühl, Paul F.Donald, BenPhalan) Journal home page for Trends in … Continue reading.
Ist die Nahrungsindustrie Schuld?
Wer mit dem Finger gern auf andere zeigt: JA! Wer etwas mehr ins Denken investiert: NEIN! Wir können den Wandel der Zeit nicht aufhalten. Wir können ihn aber gestalten. Aldi, Lidl, Penny, Edeka und andere bieten im Prinzip nur Dinge an, die nachgefragt werden. Sie sind nur Teil eines ganzen Systems. Genauso ist es bei den großen Nahrungskonzernen. Ich selber habe in meiner ersten Ausbildung bei einem solchen Konzern gelernt. Und man sollte das Kind ja nicht immer mit dem Bade ausschütten.
Tipp
Gehe niemals hungrig einkaufen!
Medizinische Möglichkeiten zum Abnehmen
Die richtige Droge
Die Industrie hat aber schon eine passende Antwort für Dich: Abnehmen mit Medikamenten. Lorcaserin ist seit 2011 auf dem Markt. Ein Arzneistoff aus der Gruppe der Serotoninagonisten. Er zügelt Deinen Appetit. In Europa wurde das Medikament 2013 vom Markt genommen. Es gab Bedenken wegen der Zulassung[7]Withdrawal of the marketing authorisation application for Belviq (lorcaserin).
Bittere Pillen
Frühere Nahrungszügler waren noch schlimmer als Lorcaserin: Herzprobleme, Kreislaufschwierigkeiten, Depressionen, Angstsörungen bis hin zu Selbstmordgedanken. Aber der Markt ist riesig, und viele möchten sich eine goldene Nase verdienen[8]SCHLANKHEITSMITTEL UND DIÄTEN Schlankheitsmittel: Was ist dran an Pulvern und Pillen? Verbraucherzentrale Hamburg 11.01.2017.
Andere Möglichkeiten
Am besten lässt man sich den Magen verkleinern. Aber dann kann man ja auch gleich nach dem alten Motto verfahren: Iss die Hälfte! Nun, in der Medizin kommt man ja immer mal auf was Neues. Forscher vom der Universität von Alabama haben getestet, ob man nicht einfach das Gehirn elektrisch stimulieren kann[9]The effect of expectation on transcranial direct current stimulation (tDCS) to suppress food craving and eating in individuals with overweight and obesity (Mary Katherine Raya Maria D. Sylvestera … Continue reading: Kein Erfolg.
Shakespeare hat es erfasst und wir verstehen es heute nicht
Zu Wissen, etwas ist falsch und dann an ebendiesen Stellschrauben nichts zu verändern, ist genauso tragisch, wie der Kampf von Marcellus. Wir können nur die Gründe erkennen. Diese basalen Stellschrauben sind:
- Wichtig: Kaufverhalten (Industrieprodukte, Fertigprodukte,…)
- Noch wichtiger: Essverhalten (zu viel, zu schnell, nebenbei)
- Am wichtigsten: Mangel an Bewegung
Die Bewegung im Alltag jetzt und früher
Die positiven Effekte der Bewegungen sind nicht zu zählen. Es steckt uns im wahrsten Sinnen des Wortes in den Genen. Verhalten wir uns dagegen, rächt es sich. Bis noch vor ein zwei Generationen mussten wir uns ständig bewegen. Um irgendwohin zu kommen, um etwas herzustellen, um etwas zu erreichen,… Nur die Wohlhabenden konnten es sich leisten zu sitzen. Der Rest musste tagein, tagaus in Bewegung sein. Der Bauer, die Hausfrau, die Kinder und auch die Alten. Ohne Auto und Technik ist das Leben anders. Und die Autos und andere Verkehrsmittel waren zuerst auch nicht für die Personenbeförderung gedacht (gut, bis auf den wilden Westen 😉 ).
Und noch ein Hinweis: Diäten sind nur was für Abgeordnete
Interventionen funktionieren nicht. Sie können sogar gefährlich sein, wenn man sich einseitig ernähren soll. Diäten sind so eine Intervention. Sie führen den Körper in künstlichen Mangel. Und dann wundern wir uns, warum der Effekt nicht anhält. Kann er nicht. Das ist gegen das Körperprogramm. Also belassen wir die Diäten lieber den Abgeordneten 😉
Alles fängt mit dem ersten Schritt an
Ich habe schon einige Menschen bei Ihrer Gewichtsabnahme begleitet. Es ist wirklich sehr leicht. Außer es bestehen ungewöhnliche medizinische Gründe. Doch warum fällt es vielen Menschen so schwer es selber zu schaffen?
Dosierung macht das Heilmittel oder das Gift
Die Ernährungsumstellung und auch die Bewegung müssen auf Dich angepasst sein. Und Du darfst Dich damit pudelwohl fühlen. Du kannst nicht gegen Deine Natur arbeiten. Nur mit ihr wird es klappen. Alles wird also abgestimmt auf Deine Physis.
Erster Schritt: Medizinische Abklärung
Willst Du wirklich abnehmen? Dann brauchst Du zuallererst einen medizinischen Check-up. Du beginnst bei Deinem Hausarzt. Der kennt Dich ja schon eine Weile und weiß, worauf es ankommt. Mit ihm berätst Du alle weiteren Untersuchungsschritte. Auf jeden Fall gehört ein Belastungsergometer-Test dazu, idealerweise auch eine Lungenfunktionsprüfung.
Zweiter Schritt: Bewegungsanalyse
Idealerweise machst Du eine sportmedizinische Untersuchung, lässt Dich von einer erfahrenen Bewegungstherapeutin befunden und suchst eine versierte Diätberaterin auf. Es sollten Fachfrauen oder Fachmänner sein. Menschen, die keine Vollausbildung haben (Übungsleiter VHS/Sporteinrichtungen, Fitnesstrainer im Studio), sind in der Regel nicht genügend qualifiziert.
Dritter Schritt: Planung
Es gibt das Jetzt, Deinen Weg und dein Ziel. Ohne Plan ist das so, als wenn Du mit einer Schrotflinte in den Wald schießt und hoffst damit Wild zu erlegen. Schlechte Idee! Funktioniert auch in der Praxis nicht. Bei den besten Programmen kannst Du von ein bis maximal vier Kilo die Woche ausgehen. Am Anfang etwas mehr, da dann vermehrt Wasser ausgeschwemmt wird.
Ab fünf Kilo nehmen die Gefahren eher zu. Der Körper kann sich nicht anpassen und es kann zum Jojo-Effekt kommen.
Erster Tipp: Mache es in Begleitung
Die Gefahr abzubrechen oder einzubrechen ist groß, wenn Du alleine „kämpfst“. Und es fehlt Dir der „fachliche“ Austausch. Deine bisherigen Bekannten und Kollegen sind in der Regel auch keine große Hilfe. Du brauchst die besten Impulse für Deine Veränderung. Am Besten also mit Gleichgesinnten und unter fachlicher Anleitung. Der persönliche Trainer optimiert für Dich fortlaufend den Prozess.
Zweiter Tipp: Ausreichend Nährstoffe
Du darfst Deinen Körper nicht unterversorgen. Damit alle Prozesse, auch die Deiner Gewichtsabnahme, optimal laufen, benötigst Du die besten Nährstoffe. Vitamine, Mineralien und Spurenelemente braucht Dein Körper in ausreichender Menge.
Dritter Tipp: Nobody is perfect
Wenn Du zu achtzig oder mehr Prozent Deinen Trainingsplan umsetzt, dann bist Du auf dem richtigen Weg. Bei neunzig Prozent wirst Du schon ziemlich sicher Deine Zielmarke wir vorgesehen erreichen. Mach Dir also keinen Stress. Plane Woche für Woche und prüfe dann Deine Zielmarke. Ggf. ist eine Anpassung erforderlich.
Du kannst es schaffen: Nur DU!
Glaube mir, es haben schon viele geschafft. Das hilft Dir einzuschätzen, ob es überhaupt gelingen kann. JA! Doch ob Du es schaffst, das hängt ganz von Dir ab. Und, ob Du es wirklich professionell angehst. So ein wenig abnehmen mit gutem Willen und ohne Plan: Vergebene Liebesmüh, geht voll nach hinten los! Mache es mit vollem Einsatz, mache es wie ein Profi und freue Dich am Ergebnis! So wird ein Schuh draus!
Zwei Säulen Therapie
Ernährung
- Alles was Gott in seiner Natur geschaffen hat, ist gut für uns. All dies kannst Du Dir zu einer leckeren Mahlzeit verarbeiten.
- Achte darauf, dich möglichst vielfältig zu ernähren.
- Einfach verarbeitete Lebensmittel führe Dir in beschränktem Maße zu. Hierzu gehören zum Beispiel Fette oder Öle, Mehl, Brot, Käse und Milchprodukte
- Streiche alle Nahrungsmittel, welche in irgendeiner Weise industriell hergestellt werden.
Tipp
Gewinne die Kontrolle über Deinen Esstisch zurück. Einfach, ausgeglichen und wohlschmeckend!
Bewegung
- Mindestens jeden zweiten Tag ausdauernde Bewegung (aerobe dynamische Ausdauer) mit 30 bis 50 % Deiner maximalen Ausdauer für mehr als 30 Minuten.
- Möglichst häufig ausdauernde Bewegung wie wandern, Rad fahren oder rudern mit längerer Dauer (Stunden)
- Lokales Muskeltraining wieder im Ausdauerbereich mit Kraftanteilen.
- vor und nach dem Training Aufwärmung und Ausklang
- Training Deiner persönlichen motorischen Defizite
- Erlernen optimaler Alltags- und Gebrauchsbewegungen
- Strukturlängenübungen für Deine Faszien (Dehnen nannte man das früher…)
- Gleichgewicht, Koordination und Kraft zur Ergänzung Deines motorischen Programms.
Bewegung darf ab heute DEIN zweiter Vorname sein. Neben Deiner gesunden Ernährung ist nichts wichtiger als DICH zu BEWEGEN. Im Alltag, mit Freunden und zielgerichtet für Deine Gewichtsreduktion!!!
- Yoga hat von allen Bewegungsangeboten einen besonderen Effekt[10]„Effect of Hatha Yoga on Body Mass Index in Adult Student: A Pilot Study“(Rahul Kumar Sharma, Saloni Malik, Manan Kumar Agrawal)UGC Approved Journal No. 49321 Shodh Drishti (An … Continue reading.
References